Wie kann man produktiver werden ohne mehr zu arbeiten? Dieser Artikel erklärt, wie und warum Timeboxing funktioniert.

Produktiver werden mit … Timeboxing

Immer mehr leisten. Immer weniger Zeit und Ressourcen, um dem Berg an Aufgaben beizukommen. Diese Herausforderung kennen viele. In loser Folge schreibe ich über die Methoden, die mir selbst helfen, um wichtige Aufgaben rechtzeitig zu erledigen. Diesmal: Timeboxing beziehungsweise „im Kalender leben“ (Spoiler Alert: Weniger schlimm als es sich anhört!).

In meiner Arbeitswoche gab es früher oft einen toten Punkt: Donnerstagnachmittag, wenn ich feststellte, dass zu wenig Woche für zu viele Aufgaben übrig ist. Manchmal brachte mich das in die Bredouille, immer führte es zu Frustration. Wir wissen zwar, dass wir nie „alles“ schaffen. Aber wir ärgern uns, wenn wir den ganzen Tag beschäftigt waren, aber nicht das Richtige erledigt haben.

Warum To-Do-Listen nicht funktionieren

Lange Zeit habe ich mich dafür gegeißelt. Klient:innen im Coaching tun es ebenfalls: Ich bin nicht diszipliniert genug. Ich bin zu langsam. Zu dies, zu das, zu jenes, auf jeden Fall: selbst schuld. Daniel Markovitz sieht das anders. 2012 schrieb er im Harvard Business Review darüber, dass To-Do-Listen nicht funktionieren – „sie sorgen nur für Frustration und Misserfolg“:

  • Überforderung durch zu viele Wahlmöglichkeiten: Schreibe ich erst das Protokoll, die wichtige Mail oder erledige den Anruf bei einem Kunden? (Okay, erstmal einen Kaffee holen, Social Media checken…)
  • Bevorzugung der einfachen Aufgaben: Auf einer Liste sehen alle Aufgaben „gleich“ aus: Sie sind drei oder vier Worte lang. Wir wählen die, die sich schneller abhaken lassen (Dopamin-Ausstoß!).
  • Erledigung der dringenden, kurzfristigen Aufgaben: Die wichtigen, aber vielleicht (noch) nicht so dringenden To Dos verschieben wir eher (Steuererklärung, Weiterbildung).
  • Fehlender Kontext: To-Do-Listen spiegeln nicht wider, wieviel Zeit für eine Aufgabe zur Verfügung steht (und ob ich konzentriert an ihr arbeiten muss oder sie auch zwischen zwei Meetings oder auf Reisen schnell erledigen kann).
  • Fehlendes Commitment: Schreiben wir eine Aufgabe auf die Liste, bedeutet das, dass wir vorhaben, sie zu erledigen, allerdings weder wie noch wann (genau).

Wie funktioniert Timeboxing?

Beim Timeboxing werden die Aufgaben als Termin mit sich selbst im Kalender eingetragen. Ich „verpflichte“ mich also auf einen konkreten Zeitpunkt und eine Dauer, in der ich die Aufgabe erledige. Für das Schreiben eines Konzeptes plane ich beispielsweise zwei Stunden an einem Montagvormittag, weil ich morgens konzentrierter bin. Gleichzeitig plane ich am Folgetag eine weitere Stunde für das Redigieren ein und sehe, wie rechtzeitig ich mit der Aufgabe beginnen muss, um noch Feedback von Anderen einholen zu können.

Warum funktioniert Timeboxing?

1967 schrieb der Management-Guru Peter Drucker: „Effektive Führungskräfte beginnen nach meiner Beobachtung nicht mit ihren Aufgaben. Sie beginnen mit ihrer Zeit“. In der Tat geht es oft genug gar nicht darum, dass wir „unser Bestes geben“, sondern dass wir das Richtige zur richtigen Zeit erledigen. Zeiteinteilung mittels Timeboxing ermöglicht:

  • Die richtige Zeit finden: Indem ich eine Aufgabe im Kalender verankere, überlege ich nicht nur, wieviel Zeit ich der Aufgabe geben möchte, sondern auch welche Zeit. Wann arbeite ich am konzentriertesten, welche Aufgaben schaffe ich auch dann noch gut, wenn die Batterie schon leerer ist? Und ist die Aufgabe überhaupt in meinem Kalender richtig oder ist es eine Aufgabe, die eigentlich ein anderes Teammitglied übernehmen sollte?
  • Kollaboration verbessern: Wenn meine To Dos im Kalender stehen, finden Besprechungen außerhalb der Zeitblöcke statt, die ich für die Arbeit an meinen wichtigsten Aufgaben geblockt habe.
    (Achtung: Natürlich keine Regel ohne Ausnahme, aber auch wenn dies nur überwiegend gelingt, ist es schon ein Gewinn).
  • Prioritäten setzen: Eine To-Do-Liste kann unendlich sein, die eigene Zeit ist es nicht. Timeboxing zwingt elegant dazu, die wichtigsten zwei bis drei Aufgaben des Tages oder der Woche auszuwählen.
  • Gestalter-Prinzip verankern: Ich kontrolliere meine To-Do-Liste, nicht andersherum. Nicht zu unterschätzen, denn das Gefühl der Selbstwirksamkeit und Kontrolle gilt als wichtiger Faktor für Motivation, Energie und Zufriedenheit im Beruf.

Für mich gilt: Timeboxing macht mich produktiver. Dem Recherchieren und Schreiben dieses Blogartikels kann ich fünf Stunden Zeit in meinem Kalender zuweisen oder keine Begrenzung setzen – dann „dauert“ es leicht zwei- oder dreimal so lang. Der Artikel ist danach nicht unbedingt besser, aber die Verabredung zum Kino oder Sport abgesagt.

Timeboxing: Die Light-Version

Es lohnt sich, etwas zu experimentieren, wie man das Timeboxing-Prinzip umsetzen möchte. Ich plane beispielsweise nicht alle Aufgaben im Kalender, sondern arbeite mit einem flexiblen System,

  • in dem die wichtigsten 2-3 Wochenaufgaben im Kalender eingeplant sind (damit ich mit einem guten Gefühl ins Wochenende gehe)
  • in dem mindestens 1 bis 2 Stunden täglich Luft für spontane Termine oder Unvorhergesehenes ist
  • in dem täglich Zeit für das Beantworten von E-Mails fest eingeplant ist
  • in dem auch alle privaten Termine im Kalender stehen (damit ich Sport, Kino, Verabredungen nicht unbewusst für unwichtiger halte als Berufliches)

Aber, aber, aber …

Und wenn ich mich dabei ertappe, mich darüber zu ärgern, dass der Kalender nicht genug Zeit für alle To Dos bietet, sage ich mir, dass Timeboxing ganz einfach die Realität widerspiegelt: zu viel ist zu viel. Timeboxing und der Blick auf meinen Kalender zwingen mich dann zu priorisieren. Oder bewahren mich davor, mir sehenden Auges noch mehr aufzuhalsen. Denn gerade für das Thema Zeit gilt das Prinzip der Verantwortung in ganz besonderem Maße: WIR müssen die Erwartungen festlegen, was wir mit der uns zur Verfügung stehenden (Arbeits-)Zeit erreichen können.

Dir hat der Beitrag gefallen? Dann teile ihn gern in Deinem Netzwerk.

1 Kommentar

  1. Ein super Tipp, den auch ich wirklich sehr weiterempfehlen kann. Man sollte wie du es auch schreibst im Zweifelsfall etwas experimentieren. Also nicht gleich aufgeben, weil es nicht funktioniert, sondern das System auf die eigenen Bedürfnisse anpassen. Wie eigentlich immer. Ich nutze die Light-Version, da mich alles andere zu sehr einschränkt, mein Zwillinge AC braucht schließlich Freiraum, aber das läuft echt gut. Danke für den schönen Blogpost, Anne!

    Antworten

Einen Kommentar abschicken

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Ich habe mich entschieden, auf meiner Website zu duzen. Wir können uns im Coaching aber auch gern siezen.

You have Successfully Subscribed!

Cookie Consent mit Real Cookie Banner