Stress-Vulnerabilität: Symptome und Folgen leicht erklärt

Warum Vulnerabilität keine gute Sache ist

Trotz der Aufmerksamkeit, die Themen wie Achtsamkeit und Resilienz (scheinbar?) gewinnen, sind Stress, Müdigkeit oder Erschöpfung für viele ständiger Begleiter ihrer Arbeit. Doch viel wichtiger als die Frage „Bin ich gestresst?“ ist „Bin ich vulnerabel?“. Denn dann sind physische und psychische Erkrankungen wahrscheinlicher.

Der Satz, der mich erschreckte, kam nach etwa 45 Minuten der Coaching-Sitzung. Der Klient und ich hatten uns schon ein paar Mal getroffen. Es ging um Herausforderungen, die er als Teamleiter erlebte. Ich hatte ihn gefragt, welche Gedanken, Gefühle und Empfindungen präsent seien, wenn er an eine bestimmte Konfliktsituation denke. Er antwortete und schickte en passant hinterher: „Naja, und ich habe starke Rückenschmerzen, Tinnitus und kann nicht durchschlafen.“ „Seit wann haben Sie das?“ „Ach, seit ein paar Jahren schon.“ Er sagte es so, als hätte ich ihn gefragt, wie morgen das Wetter wird. Kann man eben nicht ändern.

Vulnerabilität beschreibt – im Gegensatz zur Resilienz – den Zustand einer Person, die als Folge von dauerhaftem Stress anfälliger für die Entwicklung von physischen und psychischen Erkrankungen ist. Zu den physischen Folgen chronischen Stresses zählen Herz-Kreislauferkrankungen wie Bluthochdruck und Herzinfarkte sowie organspezifische Veränderungen wie Rückenschmerzen, Tinnitus oder Verdauungsbeschwerden. Auf der psychischen Seite reicht das Spektrum von Stimmungsveränderungen, Depression und Angst-/Panikstörungen bis Burnout.

Moleküle machen Gefühle und Gefühle Moleküle

Der Stressforscher Hans Selye definiert Stress als die unspezifische Antwort unseres Körpers auf jedwede Art von Anforderung. Auslöser von Stress sind physische, emotionale oder soziale Stressoren. Stress ist also weder positiv noch negativ, sondern die natürliche Reaktionskette des Körpers auf Unsicherheit.

Bei Stress reagiert der Körper mit einem blitzschnellen und wohlorchestrierten Staffellauf entlang der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse (HHNA). Adrenalin und Noradrenalin erhöhen Blutdruck und Herzfrequenz. In der Nebenniere wird Cortisol ausgeschüttet, dass dem Körper dabei hilft, genug Energie für die Stressantwort bereitzustellen.

Eine zentrale Rolle spielt in dieser „Befehlskette“ der Präfrontale Cortex, der im Gehirn für eine überlegte und souveräne Entscheidung verantwortlich: Er steuert so zentrale Funktionen wie die Handlungsplanung, die Emotionsregulierung sowie Affekt- und Impulskontrolle, Entscheidungsfindung, kombinatorisches Denken und einiges mehr.

Top-down ist besser als bottom-up – zumindest bei der Stressantwort

Solange sich Phasen von Stress mit Pausen und erholsamen Schlaf abwechseln, ist das System in Balance. Auf Stress folgt Regeneration, folgt Stress, folgt Regeneration. Bei dauerhaftem Stress wird die Stressachse jedoch daueraktiviert. Cortisol, Adrenalin und Noradrenalin werden ständig freigesetzt. Blutdruck und Herzfrequenz steigen an. Die balancierte Stressantwort kippt, die Funktion des Präfrontalen Cortex wird geschwächt.

Statt einer überlegten und souveränen Antwort kommt es dann zu einer reflexhaft-emotionalen. Je mehr die sogenannten Katecholamine dominieren, desto mehr sind wir „always on“ (oder irgendwann „always down“, also müde, erschöpft etc., wenn sie fehlen). Eine chronische Be- und Überlastung schwächt darüber hinaus das Immunsystem und die Nervenzellen, kann zu chronischen Entzündungsreaktionen führen und den Energiestoffwechsel entgleisen lassen.

Diese wechselseitigen Auswirkungen haben mit der Psycho-Neuro-Immuno-Endokrinologie mittlerweile ihr eigenes Forschungsgebiet. Und sie erklären auch, warum der „Blumenstrauß“ physischer und psychischer Folgen chronischen Stresses so „bunt“ ist. Die veränderte Neurotransmitter-Balance und das veränderte Verhalten (schlechter Schlaf, Doomscrolling auf dem Handy, Aufbrausen oder Antriebslosigkeit) können sich wie ein Teufelskreis anfühlen, den man aus eigenem Antrieb nur schwer durchbrechen kann.

Kann ich Vulnerabilität messen?

Ob wir uns bei unserer Stressbelastung im „grünen“, „orangenen“ oder „roten“ Bereich sind, ist gar nicht so leicht zu erspüren. Gerade in Phasen langanhaltenden Stresses nehmen wir körperliche oder psychische Anzeichen schlechter wahr. Und überhaupt, was ist schon „normal“?

Fitnessuhren geben mit der Messung der Herzratenvariabilität, der Schlafquantität/-qualität oder der sogenannten „body battery“ ein erstes Indiz, wie gut es um unsere Regeneration und unsere Anpassungsfähigkeit an Stress bestellt ist. Wer es genauer und evidenzbasiert wissen möchte, kann den Integralen StresstestTM durchführen. Dieser besteht aus einem Fragebogen, einem Labortest und einer dreitägigen Herzratenvariabilitätsmessung und wird zu Hause durchgeführt. Anhand „harter“ Daten bietet er eine objektive Bestandsaufnahme und individuelle Empfehlungen, wie die Neurotransmitter-Balance nicht-pharmakologisch wiederhergestellt und chronischer Stress gemindert werden kann.

Was bringt die Vulnerabilitätsmessung?

Der Stresstest „objektiviert“ unser subjektives Stressempfinden. Er zeigt,

  • Wie gut unsere Regeneration am Tag und in der Nacht, unter der Woche und am Wochenende wirklich ist
  • Wieviel und wie gut wir schlafen
  • Welche Stressoren in unserem Alltag überwiegen*
  • Welche Gedanken, Muster und Prägungen unsere Stressantwort beeinflussen (z.B. Perfektionismus, mangelnde Abgrenzung, hohe Selbsterwartung)
  • Wie hoch/niedrig unser Serotonin-, Dopamin-, Noradrenalin-, Adrenalin- und Cortisol-Spiegel ist
  • Wie Verhalten unsere Regenerationsfähigkeit in der Nacht beeinflusst (z.B. Sport, Arbeit am Computer, Alkohol etc.)

Die vielen Daten des Stresstests genauso wie die Wiederherstellung der Neurotransmitter-Balance liefern die Grundlage, aber auch die Motivation, Veränderungen vorzunehmen. Ich selbst war beispielsweise überrascht, dass die stressigste Zeit in meinem Alltag überhaupt nichts mit meinem Beruf zu tun hat. Es waren stattdessen die 15-20 Minuten am Morgen, bevor wir mit Kind und Kegel das Haus verlassen. Ebenso augenöffnend war es, die Auswirkung von Fernsehen bzw. abendlicher Arbeit am Computer auf meine Schlafqualität zu sehen. Unsere Stressoren genauer zu kennen, ist oft der erste Schritt, um unsere Antwort auf sie zu verändern oder sie Schritt für Schritt zu reduzieren.

Wenn Du mehr über den Stresstest wissen möchtest, testen willst, ob Du vulnerabel bist und/oder besser mit Stress, beruflichen Herausforderungen und schwierigen Entscheidungen und Konflikten umgehen möchtest, nimm‘ gern Kontakt auf. Zusammen loten wir aus, ob und wie ich unterstützen kann.

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Ich habe mich entschieden, auf meiner Website zu duzen. Wir können uns im Coaching aber auch gern siezen.

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