Berufliche Trennungen ähneln oft privaten. Das Ende kommt selten plötzlich – oft gibt es klare Anzeichen. Doch den Jobverlust blendet man lieber (noch) aus. Doch besser vorbereitet als überrascht: Was tun, wenn der Job wackelt? 9 Schritte für mehr Klarheit und Souveränität.
„Es ist ein Arbeitnehmermarkt“, hieß es noch vor zwei Jahren. Der Markt für Fach- und Führungskräfte schien unersättlich – „wer heute den Job verliert, hat morgen einen neuen“. Heute berichten die Wirtschaftsnachrichten hingegen über Massenentlassungen, Restrukturierungen und den Jobabbau durch KI.
Auch im Coaching treffe ich derzeit viele Klient:innen, die mit drohendem Jobverlust oder beruflicher Neuorientierung umgehen müssen. Die emotionale Achterbahn ist ähnlich: Zweifel, Scham, Wut, Angst, Hoffnung – oft alles gleichzeitig. Am schwersten: das Gefühl, ausgeliefert zu sein und nichts tun zu können. Also: Was kann ich (schon jetzt) tun, um souverän und klar mit einem möglichen Jobverlust umzugehen?
1. Mit anderen sprechen
Über den drohenden Jobverlust reden? Spontane Reaktion: lieber nicht. Obwohl lückenlose Lebensläufe immer seltener sind, spüren viele Klientinnen und Klienten dennoch Scham, wenn sie ihren Job zu verlieren drohen. Nach außen zeigen sie Normalität – und wollen erst mit dem nächsten, möglichst besseren Job wieder sichtbar werden.
Die Journalistin Clara Ott machte es anders: Sie schrieb offen auf LinkedIn über ihren Jobverlust. Nach ihrem Neustart gab sie diesen Rat: „Trau‘ dich, in deinem Freundes- und Bekanntenkreis zu erzählen, dass du einen Job suchst […]. Andere Menschen ohne Job werden sich austauschen wollen und du wirst mit ziemlicher Sicherheit unerwartete Unterstützungen und Zuspruch erhalten – und Jobangebote!“[1] Warum es sich lohnt, die Jobsuche offen zu zeigen, belegt auch die Forschung zu „weak ties“. „Schwache“ Verbindungen – also lose Kontakte – führen öfter zu neuen Jobchancen als enge Beziehungen. Sie eröffnen neue Informations- und Netzwerkquellen.[2]
2. Arbeitsmarkt im Blick behalten
Auch wenn du dich (noch) nicht bewirbst: Mit Job-Alerts bekommst du schnell ein Bild vom aktuellen Stellenmarkt. Für Führungskräfte und Spezialist:innen kann es sich lohnen, passende Headhunter zu identifizieren – für später oder vertraulich schon jetzt.
3. Arbeitsrechtlich beraten lassen
Angesichts eines drohenden Jobverlusts entsteht oft ein großes Unsicherheitsgefühl, besonders wenn frühere Wechsel freiwillig waren. Was passiert wann? Wie verhalte ich mich, wenn mir der Wegfall meiner Stelle angekündigt wird? Selbst die Frage nach der Länge der Kündigungsfrist ist im Dickicht zwischen Arbeitsvertrag, Betriebsvereinbarung(en) oder Tarifvertrag nicht immer leicht zu beantworten. Eine frühe arbeitsrechtliche Kurzberatung klärt viele Fragen schnell. Und es beruhigt: Im Ernstfall steht bereits ein:e Expert:in bereit, um Kündigung oder Aufhebungsvertrag zu prüfen – und zu verhandeln.
4. Bewerbungsunterlagen aktualisieren
Wer viele Jahre im selben Unternehmen war, hat oft keine aktuellen Unterlagen. Aktualisiere Deinen Lebenslauf in einem ansprechenden Design – und hol dir Feedback von Recruitern, Coaches oder vertrauten Kontakten. Entwirf auch ein erstes Anschreiben, das du später gezielt anpassen kannst. Zeige konkret, welche Ergebnisse du erzielt hast – und welche Fähigkeiten dich auszeichnen.
5. Zeig‘ Dich auf LinkedIn
LinkedIn ist deine ständig sichtbare Bewerbung – und wird aktiv von Recruitern genutzt. Nutze LinkedIn als digitale Visitenkarte – und optimiere dein Profil gezielt. Wichtige Elemente: berufliche Stationen, ein überzeugender Profiltext – und Beiträge oder Kommentare, die dich als Expert:in sichtbar machen. Gerade auf LinkedIn öffnen „schwache Verbindungen“ oft Türen – häufiger als enge Kontakte.
6. Finanzen planen
Finanzielle Sorgen belasten in Umbruchsphasen oft zusätzlich – und führen leicht zu erheblichen Stressreaktionen. Besser: Bewusst auf die eigenen Finanzen zu schauen statt zu verdrängen. Welche finanziellen Mittel habe ich? Kann ich kurzfristig ein Polster auf- oder weiter ausbauen? Gibt es andere Einkünfte? Welche Ausgaben kann ich bei einem Jobverlust senken? Ist mit einer Abfindungszahlung und/oder staatlicher Unterstützung zu rechnen – und in welcher Höhe? Kurz gesagt: Wie lange reicht mein finanzieller Spielraum?
7. Wofür soll es gut gewesen sein?
Gewollt oder nicht – der Jobwechsel bietet auch Chancen. „Wofür soll diese Pause gut gewesen sein?“, kann eine Frage sein, sich dem Schönen zu nähern, das wir der Pause geben wollen. Das kann Nützliches sein, wie Keller entrümpeln, oder eine Reise, der Besuch lieber Freunde, Klavierspielen lernen, ein Kurs, eine neue Fähigkeit. Oder wie Clara Ott schreibt: „Pflege deine Freundschaften, besuche dein Eltern, du wirst selten wieder so viel Zeit haben, deine Freunde mit Kindern zu unterstützen oder mit Mama unter der Woche einen Ausflug zu machen.“
8. Gezielte Unterstützung holen
Bewerben, Gespräche, warten, Absagen verkraften – berufliche Neuorientierung ist oft anstrengend und einsam.Sich frühzeitig Unterstützung durch Gleichgesinnte, einem Coach oder Outplacement-Berater zu suchen, kann hilfreich sein, auch wenn Du noch im laufenden Job bist. Eine weitere Option: „Job Search Councils“. Vier bis sechs Jobsuchende mit ähnlichem Hintergrund unterstützen sich mit Feedback und Verbindlichkeit gegenseitig während der Bewerbungsphase. Externe Unterstützung lohnt sich fast immer – weil man dranbleibt und schneller vorankommt.
9. Reflektieren
Auch wenn ein drohender Jobverlust unangenehm ist; er kann ein Wendepunkt sein. Will ich weitermachen wie bisher? In welcher Branche, in welchem Umfeld sehe ich mich? Was soll sich ändern? Wie positioniere ich mich? Welche Ziele habe ich? Auch ein kompletter Neustart ist möglich. Die Pause ist die Chance, dich zu fragen: Wo will ich wirklich hin?
Ein drohender Jobverlust ist belastend. Aber wer vorbereitet ist, verliert weniger Energie und gewinnt Klarheit. Und manchmal entsteht genau dann ein neuer Plan A, wenn man den Plan B in Angriff nimmt. Wenn Du selbst Unterstützung suchst, vereinbare gern ein Erstgespräch und wir loten aus, ob und wie ich unterstützen kann.
[1] Clara Ott, Meine finalen Lehren aus 9 Monaten Arbeitslosigkeit (als Journalistin), LinkedIn-Beitrag, Juni 2025.
[2] Massachusetts Institute of Technology News, The power of week ties in gaining new employment, 15. September 2022.
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